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Dieser Blog dreht sich ums Studentenleben in Korea. Die Hauptseite meiner Blog-Welt ist unter folgender Adresse zu sehen:

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Freitag, 22. August 2008

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Comparative Olympics
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Das Potenzgeschiebe bei Olympia interessiert mich doch überdurchschnittlich, lassen sich doch im Sport relativ konfliktfrei Länderleistungen vergleichen; jedenfalls ist diese Form von Wettkampf deutlich schöner anzusehen als die Wiederauferstehung von Sowjethegemonien und Tibetertöten.
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Durch einige Artikel in koreanischen Zeitungen bin ich heute auf eine komische Regelmäßigkeit bei den koreanischen Goldmedaillen seit 1988 gestossen.
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1988: 12 - 10 - 11 = 33, Platz 4
1992: 12 - 5 - 12 = 29, Platz 7
1996: 7 - 15 - 5 = 27, Platz 10
2000: 8 - 10 - 10 = 28, Platz 13 (!)
2004: 9 - 12 - 9 = 30, Platz 9
2008 (bisher): 10 - 10 - 6 = 26, Platz 7
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Nach dem Gesetz der Serie müsste es das somit jetzt für Korea gewesen sein; denn mehr als 1 Goldmedaille Zuwachs geht statistisch quasi gar nicht. Ob man das den Baseballern, dem Boxer und den Taekwondo-Sportlern gesagt hat? ^^ Bisher hat Korea also weniger Medaillen, aber mehr Gold gewonnen als in Athen. Alles in allem wird Korea mit einem leicht besseren Ergebnis nach Medaillen, aber deutlich nach Plätzen aus dem Spielen gehen. Und mit einer diversifizierten Gewinnerstruktur.
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Bei Deutschland sieht die Statistik auf den ersten Blick sehr übel aus. "Deutschland" ist hier aber nicht wirklich vergleichbar, da nach dem sukzessiven Ausscheiden der Dopingelite aus der DDR die grandiosen Protzleistungen nicht mehr aufrecht zu erhalten waren. Sicher, deutsche Athleten dopen noch immer, drei Trainer sind noch immer aus den DDR-Spritzenclubs übrig, aber in der Breite ist die deutsche Mannschaft sauber. Trotzdem zeigt die Statistik das derzeitige Abschneiden der Deutschen ziemlich gut: In Ordnung, aber nicht so herausragend wie man manchmal meinen mag.
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1992: 33 - 21 - 28 = 82, Platz 3
1996: 20 - 18 - 27 = 65, Platz 3
2000: 13 - 17 - 26 = 56, Platz 5
2004: 13 - 16- 20 = 49, Platz 6
2008 (bisher): 11 - 8 - 12 = 31, Platz 6
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Die vielen unerwarteten Goldmedaillen können in der Statistik nicht darüber hinwegtäuschen, dass Deutschland erneut deutlich an Substanz verloren hat; 18 Medaillen in 3 Tagen sind wohl kaum noch drin. Wie gesagt, kann man alles nicht so vergleichen, aber gerade aufgrund ihrer limitierten Aussagekraft sind Statistiken ja so spannend.
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Was bleibt aber, von den nackten Zahlen abgesehen, von Olympia 2008 aus sportlicher Sicht?
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Vorherrschaften in Sportarten sind für Deutschland und Korea wohl leider vorbei. Bogenschießen mit 2 Gold, 2 Silber und 1 Bronze ist längst nicht mehr so überzeugend, im Ringen hat Korea dieses Mal nicht überzeugen können; in den Ballsportarten mit viel Pech (Basketball-Viertelfinale gg. USA, Handball Damen durch Wembley-Tor betrogen) ausser Baseball nichts Zählbares. Taekwondo besser als erwartet, aber darauf sollte man sich nicht verlassen.
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Aber dafür eine Menge Überraschungen: Die Schiesser werden in der Breite besser, die Judoka können wieder einigermaßen mithalten, junge Gewichtheber(innen), Park im Schwimmen mit der ersten koreanischen Goldmedaille aller Zeiten, Silber an den Barren, Gold im Badminton - die Zahl der koreanischen Überraschungen und jungen Talente ist schier unendlich. Ihnen allen ist gemein, dass sie alte Hochburgen der Koreaner neu erobert haben oder vollkommen neues Terrain erschlossen haben - Frauen-Gewichtheben und Schwimmen natürlich zu allererst.
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Bei Deutschland ein ähnliches Bild. Sichere Banken wie technische Disziplinen in der Leichtathletik, das Rudern, Schwimmen, Springreiten gehen sang- und klanglos unter. Viel deutlicher als bei Korea geht es aber bei Deutschland irgendwie nach dem Schema des Favoritensterbens. Neue Talente, halbe Aussenseiter haben die deutschen Kohlen aus dem Feuer geholt und dem Team viel zu freuen gegeben, während der vielen enttäuschenden Favoritendebakel. Auffällig ist, dass sich Multikulti hier auszählt: Die größten deutschen Medaillenüberraschungen waren ein ehemaliger Österreicher und eine ehemalige Russin.
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Insgesamt lässt sich bemerken, dass - wie überall - die Welt zusammenwächst, denn viele Länder holten bei diesen Spielen ihre erste (Gold-)Medaille überhaupt. Afghanistan, Togo und Konsorten sind Länder, die in ihren Finals niemand auf dr Rechnung hatte. Solche Geschichten gibt es immer mehr und wenn man bedenkt, dass in den knapp 230 Finals bisher 50 verschiedene Länder Gold geholt haben und insgesamt 80 Länder schon eine Medaille haben, zeigt das den Trend an: Keiner kann sich seiner Vormacht sicher sein. Inwieweit dies mit verbesserten Trainingsbedingungen oder einfach mit der Verbreitung der Dopingspritze zu tun hat, ist natürlich die bittere Frage, die zum Abschluss bleibt.
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Alles in allem, waren dies die kühlsten Spiele, die ich erlebt habe. Unfaire chinesische Zuschauer und organisatorische Schikanen, die an Verhöhnung der internationalen Gemeinschaft grenzen; die neue Weltmacht hat schon mal gezeigt, was wir von ihr halten dürfen. Strahlende Sieger, die mit 12 schon erwachsen sind runden das Bild ab. Trotzdem war es für alle Beteiligten ein gutes Geschäft. Mehr braucht man auch nicht mehr dazu zu sagen.
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5 Kommentare 덧글:

Jens-Olaf hat gesagt…

In der Leichtathletik, einst eine gesamtdeutsche Goldgrube, ist es tatsächlich so, dass es ungerecht geworden ist. Du hast wahrscheinlich die Kritik über die wenigen Dopingkontrollen in Jamaika gelesen. Da ist das Missverhältniss riesengroß und ich verstehe den Frust (der sauberen Sportler). Mittlerweile traut man keinem Sprintrekord mehr, da sie später häufig annulliert werden. Wenigstens ist der Leistungsabfall im Werfen bei den Frauen im Diskus und Kugelstoß ein Zeichen, dass früher mehr und heute weniger gedopt wird.
Übrigens, gestern gab es einen Koreaklassiker. Die Handballfrauen lieferten eine unglaubliche Aufholjagd den führenden Norwegern. Dann der Ausgleich, dann der norwegische Gegenzug und, und bei Punkt 30min zeigt das gestoppte Videobild den Ball der Norweger noch nicht im koreanischen Tor, sondern kurz vor der Linie. Erst wusste keiner, wie es ausging. Dann die Entscheidung gegen die Koreaner. Dann die hilflosen Protest des Trainers, keine Funktionäre weit und breit. Bin gespannt, was heute die Zeitungen schreiben.

Jens-Olaf hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Jens-Olaf hat gesagt…

Und noch was: Gut, dass die nächsten Spiele in London sind:

Die Briten sind sportbegeistert und würdigen die Leistungen anderer.

Viele Zuschauernationen werden nach London kommen. Russen, Skandinavier, Afrikaner leben ja auch nicht wenige in London, und die Inder sollten auch mal ne ordentliche Fantruppe bekommen.

Randsportarten werden eher 'ne volle Hütte haben. Und Leichtathletik ist mal richtig wieder zu Hause.

Info: In zwei Jahren kommt die LA-WM nach Korea.

Gomdori@KU hat gesagt…

Jepp, bis Daegu muss da mal was laufen bei den Koreanern..Leichtathletik ist bei den Koreanern ja ein einziges weisses Feld ^^

Handball habe ich gesehen...und mich sehr drueber aufgeregt...Mal abgesehen davon, dass sie im Spiel erst mal nicht so doll gespielt hatten, war die Aufholjagd klasse und das IOC hat ja mehr oder weniger bestaetigt, dass die Koreaner Recht haetten, aber man gegen eine "Tatsachenentscheidung" nichts machen koenne :(

Wenigstens sind die Baseballer locker im Finale, 6-2 gg. Japan

Stefan Dolder hat gesagt…

Zum Glueck koennen weder die Baseballspieler noch die Taekwondo-Sportler Deutsch lesen und haben somit von deinem Gesetz der Serie und einem Goldmedaillen-Stop bei 11 nichts mitbekommen^^