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Dieser Blog dreht sich ums Studentenleben in Korea. Die Hauptseite meiner Blog-Welt ist unter folgender Adresse zu sehen:
Samstag, 3. Mai 2008
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In Anbetracht der nicht enden wollenden Berichterstattung über China und Olympia, zu der ja auch ich meinen bescheidenen Anteil auf dem Blog beigetragen habe, fühle ich mich genötigt, mal ein paar allgemeine Bemerkungen zum gesamten Themenkomplex loszulassen. Ein wenig geordneter als meine mit heißer Feder geschriebenen sonstigen Blog-Beiträge, aber in meiner gewohnt raubtierkapitalistischen Sichtweise auf die Welt.
China-Berichterstattung
Die China-Berichterstattung derzeit ist unausgewogen und zeigt ein verzerrtes Bild von China. Punkt. Soweit wahr. Wahr ist aber auch und das vergessen gerade China-Apologeten sehr gerne, dass mindestens seit 3 Jahren die China-Berichterstattung unausgewogen und verzerrt war, nur eben pro-chinesisch. In beide Hörner stieß insbesondere der Spiegel.
Dass nun, nachdem über Jahre China als neue Weltmacht voller Möglichkeiten und Wunder gepriesen wurde, eine Gegenbewegung einsetzt, ist nicht nur überfällig, es ist vollkommen natürlich und China ist nicht das erste Land, das darunter leidet. So ging es in Asien insbesondere Korea und Japan mehrfach. Zu einem gewissen Maß ist auch die Beleidigung der Chinesen verständlich, dass ihr wunderbares Land nun so in den Dreck gezogen wird. Die positiven Berichte aus den Jahren davor bleiben nämlich nicht so im Gedächtnis. Trotzdem gehört es für ein China, das von der Welt profitieren möchte und in der Weltgemeinschaft anerkannt werden möchte, ganz einfach dazu auch selbst kritikfähig zu werden.
China und der Westen
Genau im Verhältnis zwischen Westen und Osten liegt das Problem des ganzen, jedenfalls meiner Meinung nach. Jahrzehnte von „Asiatischen Werten“, Forschung über „Eurozentrismus“ und nicht zuletzt die Wirkung verschiedenster Nationalismen hat zu einer kulturellen Entfremdung des Westens und Ostens beigetragen, wo eine ökonomische Verzahnung wie nie in der Geschichte gegeben ist. Es ist eines der mich am meisten beschäftigenden Phänomene, dass in einer immer enger verzahnten Welt mit immer besseren Kommunikationsmitteln die Betonung eigener Kultur und Identität immer stärker ein Anliegen der Nationen wird und Nationalismus Blüten treibt wie man es derzeit in China – aber nicht nur dort – erlebt.
Dementsprechend wird das Problem des Kulturunterschiedes sich nicht einfach so in Wohlgefallen auflösen, wie Globalisten, insbesondere von linker Seite immer wieder gehofft haben. Was jedoch ebenfalls schwerer wird, ist in einem Zeitalter von W-Lan und Google Earth seine eigene Bevölkerung einzusperren und an Informationen zu hindern. Zwar steigen auch die Möglichkeiten der Überwachung an, aber meist zeitversetzt. Die Größe des Reiches und seine unkontrollierbare Vielfalt sind es, die die Chancen für morgen bieten.
Wie man das chinesische Volk gegen seine Regierung aufbringt
Tja, das ist sicher die interessanteste Frage und wenn hier jemand eine Lösung weiß: Bitte weitersagen, ich kenne nämlich keine. Meiner Meinung nach kann diese auch nicht von außen kommen, insbesondere kann sie nicht durch Pro-Tibet-Demonstranten kommen. Die Regierungsinfiltration durch gleichgeschaltete Medien, Schulerziehung und sonstige Kontrollmechanismen ist viel zu durchdringend, um derzeit einen Wandel zu bewirken. Der Wandel in China, sollte er denn kommen, wird von innen heraus kommen und er wird wenig mit Menschenrechten oder Olympia zu tun haben. Noch weniger mit dem Ansehen Chinas in der Welt.
Im Moment hat China genug zu verteilen und die Hoffnung, dass auch der letzte Bauer in Xinjiang noch seinen Fernseher bekommt, befriedet das Land zumindest einigermaßen. Trotzdem zeigen Berichte über Aufstände gegen kommunale Beamte und insbesondere ethnische Konflikte, dass es unter dem großen Flickenmantel China gewaltig brodelt. Wenn Vater Staat demnächst einmal nicht mehr so viel zu vergeben hat oder falls eine genügende Menge Bauern entdeckt, dass sie sich wie im schönsten Manchester-Kapitalismus auf den Feldern totschuftet für eine realitätsferne Stadtelite wird es zur Revolte kommen, da bin ich mir sicher. Dies wird aber nicht urch Olympia kommen, sondern nur durch Versorgungsengpässe und enttäuschte Träume. Die anfänglichen Boomphasen halten nie ewig an, das war bei Japan so, bei Korea, es wird bei China so sein und überall sonst. Hier wäre die eigene Stellschraube, denn wir als Westen könnten China fallen lassen und so diesen Prozeß beschleunigen. Volkswirtschaftlich ist das aber irrealistisch, solange noch immer willige Sklavenarbeiter auf dem Land warten und wir uns ins eigene Fleisch schneiden würden, wenn wir aus dem Markt rausgehen. Das Rennen um die Futtertöpfe in China wird weitergehen, egal wieviele Tibeter noch sterben. Und da ist jede Regierung dieser Welt, die das unterstützt selbst Schuld.
Und bevor jetzt wieder jemand mit Neoliberalismus und perversem Raubtierkapitalismus kommt: Wir alle bestimmen das Weltwirtschaftssystem mit unserem Konsumverhalten. Wer denkt denn bei der Jeans, die er kauft daran, dass chinesische Bauernkinder sie genäht haben? Und wer würde eine 30 Euro teurere Jeans kaufen, wenn das Geld eh schon knapp ist, um sie von ausgebildeten italienischen Näherinnen genäht zu bekommen? Ich empfehle jedem einmal das Buch zu lesen, in dem es darum geht, dass eine Familie einmal ein Jahr versucht hat ohne Made in China auszukommen. Ein schauriger Bericht. In Ostasien ist dies aber heute schon teils Realität und aus Eigeninteresse sollte dies der Westen ebenso praktizieren: Die meisten koreanischen Familien versuchen zumindest bei empfindlichen Waren wie Meeresfrüchten und Gemüse auf chinesische Importe zu verzichten. Die Wanderbewegung von Lebensmittelherstellern aus Korea, den USA und Japan geht bereits heute wieder zurück, weil die Hygiene- und Qualitätsstandards einfach auf Dauer nicht besser werden.
Umweltverschmutzung
Womit wir auch schon beim Thema Umweltverschmutzung wären, einem Thema, das in Europa weniger rezipiert wird. Wenn wir über Umwelt reden, reden wir meist über Klimaschutz und wie die bösen Amerikaner das Wetter warm machen. Dass China viel schlimmer ist, bleibt unerwähnt. Insbesondere für Ostasien sind die Auswirkungen des chinesischen Raubbaus am Ökosystem jedoch verheerend. Der Vorsitzende der Partei Kreatives Korea versuchte zwar in vergangenen Jahren mit Baumpflanzaktionen im Nordosten Chinas die weitere Desertifikation zu verhindern, doch eher vergeblich. Auf Chinas Beteuerungen zu dem Punkt kann man getrost mal gar nichts geben. Solange ganze Flüsse gesperrt werden müssen, weil Baden darin zu tödlichen Verätzungen führt, gibt es noch eine Menge für China aufzuholen. Der Gelbe Sand und die Verschmutzung des Gelben Meeres, zwei Probleme, die Korea dank China zusätzlich zu bekämpfen hat, müssen wohl nicht mehr erwähnt werden.
Ein-China, Viel-China, Kein-China?
Tibet ist nicht chinesisch, die Uiguren sind keine Chinesen und die vielen anderen Minderheiten sind auch keine Chinesen. Die Ein-China-Politik ist eines der Geschwüre, die China auf dem Weg zu einer pluralistischen Gesellschaft überwinden muss. Durch Assimilationspolitik und ähnliche Scherze, die den Kolonialisierungsversuchen des Westens im letzten Jahrhundert in nichts nachstehen, wird man sich jedenfalls nicht auf Dauer Stabilität schaffen.
Gerade der von China so oft und zu Recht kritisierte Kolonialismus der Westmächte zeigt, dass auch solcherlei Systeme nacheinander irgendwann zusammenbrechen.
Multikulturelle Staaten verschiedener Ethnien können funktionieren, wenn Behutsamkeit an den Tag gelegt wird. Die chinesische Meinung aber ist China China über alles, von der Mongolei bis Nepal, von Turkestan bis Korea. Eine Diskussion, was und wer chinesisch ist, soll an dieser Stelle trotzdem einmal verschoben werden, sie würde zu keinem Ergebnis führen und ist auch nicht nötig, wenn die Han-Chinesen akzeptieren würden, dass verschiedene Ethnien in einem chinesischen Staat in Respekt zusammenleben könnten, wenn genau dieses Chinesentum nicht so betont werden würde.
Warum man trotzdem Flagge zeigen muss
Wie bereits erwähnt, sehe ich den westlichen Einfluss in China eher gering. Gutmenschen freuen sich, dass sie ihre edle Gesinnung zeigen können, die Chinesen zeigen wie stolz sie auf ihre Kultur sind, aber ein konstruktiver Dialog wird daraus nicht entstehen können. Und auch wenn die meisten Probleme Chinas hausgemacht sind, müssen wir als scheinbar Außenstehende trotzdem dabei bleiben. Chinas innere Probleme betreffen uns inzwischen mehr als die meisten sich das vor einem Jahrzehnt hätten träumen lassen und insbesondere, wenn China aus seinem Gebiet heraus agierend in die Welt eingreift, dürfen wir uns als mündige Weltbürger nicht den Mund verbieten lassen durch das Argument, dass dies die Chinesen nur noch mehr zusammenschweiße.
Sicher, Opposition bewirkt erst einmal das Gegenteil, aber ich bin fest davon überzeugt, dass sie eine gewisse Wirkung hat – und sei es den nicht so interessierten Westlern zu zeigen, was im Moment passiert und sie zu engagieren. Bei mir sind es persönlich die Umweltzerstörung, die Nordkoreapolitik und die Unterdrückung des Buddhismus, die mich zum Gegner des Chinesischen Staates werden lassen. Andere Menschen haben andere Gründe, es gibt sicher auch Gründe für den chinesischen Staat einzuspringen, auch wenn ich mir im Moment kaum welche vorstellen kann.
Wie gesagt: Unser Flaggezeigen gegen die Art von Terrorismus, die wir letztes Wochenende in Seoul sehen durften, ändert vielleicht nicht viel, aber eben auch nicht ins Negative. Und wer sich an „Terrorismus“ stört, schlage bitte die lateinische Verbform nach. Genau das ist in Seoul passiert und pasiert täglich in ganz China.
Wenn man als Westler Angst hat China seine Meinung zu sagen, dann hat das Regime noch mehr Leute mundtot gemacht als es sich selbst erträumt. Ich betone noch einmal: Wir können ohne China nicht, aber China auch nicht ohne den Westen. Egal wie beleidigt China tut, es ist längst nicht stark genug, um einen Kampf gegen die Welt zu führen. Dazu wird es nicht kommen.
Fazit
Wir alle stehen vor einem nie dagewesenen Experiment in der Wirtschaftsgeschichte und niemand der Beteiligten, egal ob er nun in der KP Chinas, dem IOC oder der Greenpeace-Zentrale sitzt, weiß wie dieses Experiment ausgehen wird.
Es gibt keine Alternative zur Verbindung zwischen China und dem Westen. Dabei muss der Westen zu einem Teil Zugeständnisse machen und auf manche Befindlichkeiten Rücksicht nehmen, genauso wie wir als Westler erwarten können, dass wir nicht als weiße Teufel beschimpft und vorm Carrefour von einem aufgebrachten Mob zusammengetrieben werden.
Solcherlei Eskapaden im Übrigen werden in West und Ost nicht gern gesehen und es ist bestimmt kein Zeichen von der koreanischen Unterordnung unter ein westliches Herrschaftssystem, dass sich die Koreaner zu Recht aufregen, wenn von der chinesischen Regierung angestachelte und unterstützte chinesische Studenten im Zentrum Seouls am hellichten Tage auf Journalisten und Demonstranten einschlagen.
Bei solcherlei Eskapaden ist und bleibt Härte angesagt, denn China muss klar gezeigt werden, dass die Welt zuschaut und Forderungen stellt. Im Sandkasten alle Förmchen zusammenraffen, die anderen damit verhauen und dann weinen, wenn die anderen sich beschweren, das ist nicht das Verhalten einer Weltmacht.
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Label 레이블 Blogverwaltung, China, Gedanken, Video
3 Kommentare 덧글:
Verstehe ja das Du die Chinesen nicht magst :-)
Nach 3 Artikeln ist es aber schon langweilig!
Warum hats Du eigentlich keinen Artikel über den "US Beef" Skandal in Korea ?
Das ist ja wohl das Topthema worüber im moment in Korea diskutiert wird!
Mit Kritik über die Lee Myung-bak hast Du es aber leider nicht so ....
Kritik an Lee habe ich sehr viel...
nur ist der Import von US Beef nix, was mich aufregt..^^
Und noch mal: was auf meinem blog reicht und was nicht, entscheide immer noch ich...bitte nicht weiterlesen, wenns so weh tut ^^
Von einer Kritik an Lee habe ich hier aber bisher nicht viel mitbekommen, nur die Beweihräucherungen ^^
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